Der Gender Pay Gap in Deutschland beträgt 21%, oder?
Jain, 21% ist die Zahl, die es aus einer Studie des Statistischen Bundesamtes 2006 in die Medien geschafft hat. Dabei handelt es sich um den »unbereinigten« Gender Pay Gap. Der Unterschied ist wichtig, denn sonst kann man nicht fundiert über das Thema diskutieren.
Was bedeutet unbereinigt?
Das bedeutet, bei dieser Zahl wird der durchschnittliche Unterschied der Bruttostundenlöhne in einer bestimmten Region und Branche zwischen Männern und Frauen berechnet. Dabei werden auch unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse (VZ/TZ) berücksichtigt. Mehr nicht.
Was ist dann ein »bereinigter« Gender Pay Gap?
Beim bereinigten Gender Pay Gap werden zusätzliche, vergleichende Strukturvariablen in die Berechnung mit einbezogen, die erlauben, die Zahl von 21% zu einem gewissen Anteil zu erklären.
Diese Strukturvariablen sind u.a. folgende:
Ausbildung, Berufserfahrung, Dienstalter, Leistungsgruppe, Altersteilzeit …
Der bereinigte Gender Pay Gap versucht also, statistisch möglichst genau herauszufinden, wie groß der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen ist, wenn sie strukturell genau die gleichen Ausgangsbedingungen haben.
Sprich: Gleiches Alter, gleiche Stadt, gleiche Branche, gleiche Bildung usw.
Mithilfe dieser Analyse kommt das Statistische Bundesamt auf ein Ergebnis von 8,3% weniger Gehalt für Frauen. (Was leider nicht ganz so schön erschreckend ist, wie 21 %)
Aber auch hier lohnt es sich nachzufragen, das sind immerhin trotzdem beinahe 10% - wie lässt sich das erklären?
Bisher hat sich in der Wirtschaftspsychologie folgende Erklärung durchgesetzt: Frauen sind durch die Gesellschaft dazu erzogen, vor allem anderen Menschen gefallen zu wollen. Sei es durch Nettigkeit oder Schönheit. Dadurch haben sie im durchschnitt deutlich höhere Werte in der Persönlichkeitseigenschaft Verträglichkeit (eine der Big 5) und sagen öfter Ja zu weniger guten Angeboten, als Männer. Männer hingegen haben viel häufiger geringe Werte in dieser Persönlichkeitseigenschaft, sie sagen öfter: Nein, für das Gehalt mache ich das nicht. Sucht euch wen anders oder ich bekomme wenigstens noch einen Tag Urlaub und ein Firmenhandy dazu.
Da ich Selfpublisher bin, kann ich nicht für die Buchbranche im spezifischen reden, daher die Einführung.
Immer wieder sehe ichFrauen sagen: »Also mich betrifft das nicht.« Weil sie glauben, der Gender Pay Gap würde aussagen, dass der Kollege neben ihnen 21% mehr verdient, als sie. Das ist natürlich Mumpitz. Aber es betrifft dein Unternehmen, wenn in den oberen beiden Führungsetagen hauptsächlich Männer arbeiten.
Ein weiteres Thema, was ich aus persönlicher Erfahrung hier ansprechen möchte: RACE PAY GAP
Der eine oder andere weiß es vielleicht. Ich habe in der Personalberatung gearbeitet und IT Fachpersonal an Firmen vermitteln. Vom »kleinen« Programmierer, bis zum CTO.
Und eine Sache wurde mir so häufig von Arbeitgebern gesagt: »Wenn Sie mir einen Inder schicken, dann maximal 40.000 im Jahr.« Ich hatte auch einmal einen sehr gläubigen Muslimen. Auch für den war es sehr, sehr schwer eine neue Anstellung zu finden oder überhaupt zu Vorstellungsgesprächen / Programmieraufgaben eingeladen zu werden, einfach aufgrund seines Bewerbungsfotos.
»Ich kann niemanden Gebrauchen, der alle paar Stunden auf seinem Teppich betet, das bringt die Gruppe durcheinander.«
Es ist ein Thema, das in Deutschland noch nicht die öffentliche Awareness erreicht hat. Was hier aber aktuell in Unternehmen praktiziert wird, ist offener Rassismus und strukturelle Benachteiligung von Menschen mit anderer Ethnizität.
Fazit: Der unbereinigte Gender Pay Gap verdeutlicht den durchschnittlichen Lohnunterschied insbesondere im Hinblick darauf, dass Frauen seltener in hohe Positionen des Unternehmens aufsteigen. Der bereinigte Gender Pay Gap von 8,3% lässt sich vermutlich durch sozial- und gesellschaftspsychologische Faktoren fast vollkommen erklären.
Was sagt uns das? Erklärt Mädchen nicht, dass es das Schlimmste ist, hässlich zu sein und nicht gemocht zu werden. Erklärt Mädchen nicht immer nett und freundlich zu sein, sondern sagt ihnen, sie sollen immer für sich einstehen.
Falls ihr Euch jemals gefragt hab, was ich als Wirtschaftspsychologe studiert habe - da habt ihr eure Antwort.
Vinachia <3
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